Vorbild Internet? Oder: warum niedlich eben nicht artgerecht ist...

 

Das 21. Jahrhundert schwemmt uns zu mit tollen Apps, Seiten, Funktionen und Bildern. So ist es nicht verwunderlich, dass auch immer mehr vermeintlich niedliche Tierbilder und Videos eingestellt werden. Man sieht exotische Igel auf Bildern am helllichten Tage draußen auf der Wiese herumlaufen, mit ihren Besitzern um die Welt reisen, wobei sie immer wieder (ebenfalls am Tage) vor Städte, Sehenswürdigkeiten, Landschaften und Co gesetzt oder gehalten werden und nicht zu vergessen alle badenden Igel, die so durchs Internet schwimmen.

Es sind leider oftmals genau diese Bilder, die eben die Reaktion hervorrufen, die sich der Ersteller erhofft. Nämlich möglichst viele „oh, wie süß“ und eine Menge Likes. Und im Zweifel schaffen sich diejenigen, die durch genau solche Beiträge auf die Tiere aufmerksam geworden sind diese aus den falschen Gründen und mit den verkehrten Vorstellungen und Erwartungen an.

 

Leidtragende hierbei sind wie immer die Tiere und auch wenn man so oft ein „meiner ist trotzdem alt geworden“ (wobei man alt und trotzdem unterschiedlich definieren kann) oder ein „dem Igel schadet das nicht“ oder „aber er fühlt sich wohl damit/dabei“ hört.

 

Leider interpretieren wir Menschen immer allzu viel „menschliches“ in unsere Tiere hinein und das Internet ist dabei auch keine allzu große Hilfe. Denn mittlerweile kommen auf zehn aufklärende, der artgerechten Haltung verfallenden Menschen, mindestens einer, der seinem Igelchen für Likes oder „just for fun“ ein Kostümchen an zwängt, die Stachelchen mit was auch immer verziert, es quer durchs Land mitschleift oder aber es „fröhlich“ in der Badewanne plantschen lässt.

Und auch wenn einige dieser Bilder eventuell mit Photoshop bearbeitet sind und die Besitzer vielleicht nur "Unterhaltung" im Sinn haben, so wirft es dennoch ein falsches Bild auf die Haltung und Ansprüche dieser wunderbaren Tiere. Somit ist und bleibt es ein purer Unterhaltungsfaktor auf Kosten der Tiere! 

Oh, schaut, lauter niedliche Bilder... Oder?

 

Auf den ersten Blick mögen diese Bilder harmlos und vielleicht sogar „süß“ erscheinen. Igelhalter, die aber  eine Passion für die Tiere entdeckt haben und sie zu schätzen wissen wie sie sind, wissen es jedoch besser. Kein Igelchen möchte freiwillig vollständig in der Badewanne liegen und wie eine Rettungsboje umhertreiben. Igel sind sehr wasserscheu und meiden in freier Natur Gewässer, die sie nicht auf maximaler Bauchhöhe durchqueren können. Ein Igel muss nicht gebadet oder gar eingeseift werden. In naturnaher Haltung haben sie hierfür ein Sandbad. Lediglich im Krankheitsfall, und dann auch nur pfötchentief, sollten sie gebadet werden. Alles andere ist purer Stress für die Tiere und egal was die Ersteller behaupten, es dient einzig und alleine egoistischen Zwecken von denen nur der Halter profitiert.

 

Ein Igel ist auch kein „Reisegefährte“. Er will und muss nicht „Gassi-gehen“ oder gar  tagsüber hinaus in den Garten, Wiese oder Wald. Schon gar nicht an selbstgebastelten Leinen. Ein exotischer, domestizierter Igel ist ein Heimtier und auch als solches zu behandeln. Gründe, weshalb Igel nicht nach draußen gehören zeigen wir euch im dazugehörigen Bericht unter Ratgeber auf. Als kurze Überlegung reicht jedoch schon folgendes: Igel sind dämmerungs- und nachtaktiv und zudem benötigen sie bestimmte Grundtemperaturen. Wenn es also tagsüber vielleicht diese Temperaturen erreicht, so ist es eben genau das, nämlich tagsüber, also nicht die natürliche Aktivitätszeit. Auslauf in unserer Flora und Fauna kann den Tieren auch mehr Schaden als Nutzen bringen und auch der Boden ist meist zu kalt. Erkrankungen oder Unwohlsein ist somit vorprogrammiert.

Natürlich wird es immer wieder Gegenstimmen geben, wir sprechen hier jedoch aus Erfahrung und für das Tier. Wir möchten einfach mit diesem „niedlichen Bild“ vom Weißbauchigel aufräumen. Es ist so ein interessantes und wunderbares Heimtier, dass all dieses Like- und Aufmerksamkeitsgehasche nichts mehr ist als eine Aufmerksamkeit an falscher Stelle. Generell sollte man Tiere einfach immer mit Respekt und vor allem den Ansprüchen halten, die man ihnen erfüllen kann. Für alles andere gibt es Stofftiere.

Wir – und die meisten ordentlichen Igelhalter ­– distanzieren uns von solch einer Darstellung und dem Missbrauch dieser Tiere als Internetspaßobjekte.

Denn wir sehen unsere Igel lieber so: